Post by Rex Karioka on Feb 24, 2021 13:30:28 GMT 1
EDAN II :: FORTUNA CITY :: UNIVERSITÄT :: GÄNGE
REX KARIOKA UND CAJA TANGI
Blut. Das rote, kostbare Elixier des Lebens. Doch wie alle guten Dinge, alle natürlichen und lebensbejahenden Dinge hatte auch Blut seine Schattenseite. Wurde es vergossen, trocknete es am Boden, so zeigte es seine hässliche Fratze, denaturierte Biomasse, die zu einem klebrigen Substrat wurde, einem Gemisch, dass sich mit dem Boden verband und seine Reinheit und Erhabenheit verlor. Es fiel vorbei, am Menschen, am Tier, und wurde zur Basis. Mit jedem Wisch löschte der Akolyth des Jenseits eine weitere Strata dieses Blutes auf, entfernte eine weitere Schicht der Erinnerung an diese Wesen. Niemand würde sich an sie erinnern, niemand würde ihnen auch nur eine Träne hinterher trauern. Sie wären das Ergebnis einer Jahrmillionen langen Erfolgsgeschichte der Weiterreichung ihrer DNA, die aufgrund ihrer törichten Süchte jäh endete. Der Fixpunkt der Existenz, das Zerschneiden der Fäden des Schicksals.
Doch was blieb waren die Fleischkerker, frei von Animus und Spiritus, frei von jeglicher Regung, verharrend, in einer Totenstarre gefangen, die nie wieder den Elan und Esprit beherbergen würde, den sie in ihrem von zersetzenden Substanzen perforierten Hirnen in sich getragen hatten. Das war vorbei, unwiederbringlich. Noch. Rex Karioka hatte von Wegen und Möglichkeiten gehört, die einem die dunkle Seite der Macht offenbaren konnte. Ein Schleier der gelichtet werden konnte um den dünnen Firnis zwischen dem Diesseits und dem Jenseits zu zerreißen und mit einer neuen Bedeutung zu versehen, doch waren das Geheimnisse, die wohl selbst der Imperator nicht gekannt haben konnte, denn sonst wären sie nicht hier. In dieser Situation. In dieser Form der Existenz.
Obwohl es sich um einen niederen Dienst handelte, verrichtete ihn der Akolyth des Jenseits gewissenhaft, galt es doch die eigenen Spuren zu verwischen, zu einem Phantom zu werden. Der Terror im Augenwinkel der Gepeinigten war ein Grauen, dass mehr Furcht evozierte als der schwarz gerüstete Monolith mit glühend roter Klinge vor einem, denn die Wesen der Galaxis fürchteten stets das mehr, was sie nicht sahen. Und so hatte auch der Akolyth des Jenseits sein Werk hier auf Edan II verrichtet, die natürliche Ordnung der Dinge torpediert und für Chaos gesorgt, wo vorher Ordnung herrschte.
Die Leichen, die junge Studentin – Sie alle gehörten jedoch nicht zu seinem Plan. Sie waren eine Diversion von seinem Pfad, von seiner eigentlichen Aufgabe. Die Versprechung eines biologischen Kampfstoffes, dessen Potenz ihm in seinem Unterfangen helfen würde, war das Geschenk der Macht auf, dass er hoffte. Doch wehe denen die erhalten, wonach sie sich sehnen, denn was Karioka hier vorfand war nicht das, was er erwartet hatte. Vagabunden, die sie überfallen wollten, Biomasse welche Sauerstoff herstellt, das waren nicht die Früchte, die er ernten wollte. Doch der Geist der jungen Studentin konnte ihm vielleicht andere Dinge bieten, eine andere Waffe herstellen, wenn er sie nur nah genug an den Abgrund führen würde, tänzelnd entlang der Klippe begleiten würde, bis sie stolperte und ihn dann bitten würde ihr zu helfen dem schwarzen Nichts des Abyss zu entkommen. Das Gesicht der jungen Frau sprach Bände, als sie zurückkehrte. Aschfahl war ihre Aura eine Turbulenz aus Zweifeln, Sorgen und Ängsten. Sie fühlte sich nicht wohl in ihrer eigenen Haut, wollte dieser Situation und sich selbst entkommen. Nicht mit sich selbst im Reinen, versprühte sie ein Miasma, an dem man ertrinken konnte wie am eigenen Erbrochenen. Rex Karioka nickte unmerklich ob ihrer Entgegnung, dass man es hinter sich bringen möge und packte mit an als es darum ging die Kartons vom Schwebekarren herunterzunehmen. Die Flucht in Zerstreuungen, die Flucht in Substanzen, die den Geist betäubten, sodass man der Wirklichkeit um einen herum entfliehen konnte waren Anzeichen für die Labilität, der sie entgegenschlitterte.
„Das haben Sie sich danach verdient, Miss Tangi.“ sprach er Akolyth des Jenseits mit einer Weichheit, die seiner Stimme innewohnte, die ein Simulacrum tatsächlicher Anteilnahme darstellen sollte.
Um die Worte zu unterstreichen, hob der Mann mit dem rabenschwarzen Haar die beiden Vagabunden, verstaute Gliedmaßen in den Kartons, forcierte diese entgegen der beginnenden Totenstarre. Das Maß der Verwirrung und des Unwohlseins stieg in der Frau, strömte aus ihr heraus. Einem Raubtier gleich nahm der Akolyth des Jenseits diese Emotionen über die Macht wahr, labte sich förmlich an diesem Konvolut aus negativer Energie und bezog daraus Kraft. Ihr Weg führte sie mit ihrer verbotenen Fracht hinaus, in die Kälte. Wie ein Faustschlag traf die beiden der klirrende Temperaturunterschied, der jegliche Wärme aus dem Körper zu ziehen vermochte. Sie hatten im Eifer des Gefechts ihre Jacken drinnen gelassen, hatten sich hier schutzlos den Elementen ausgeliefert. Doch weder er noch Miss Tangi hatten vor lange draußen zu verweilen. Man konnte es als zusätzlichen Ansporn sehen sich der Körper zu entledigen und endlich einen Fixpunkt unter diese Sache zu legen, denn diese Vagabunden hatten sich schon zu lange, egal ob lebend oder tot, in die Geschicke der Galaxis eingemischt und ihn von seiner Mission abgehalten.
„Wir sollten uns beeilen. Ohne unsere Jacken fallen wir hier noch mehr auf.“
Mit seinem unverletzten Arm rieb sich der Akolyth des Jenseits über den verletzten Arm. Auch die Macht konnte ihm in diesem Klima keinen wärmenden Trost spenden, er war hier wie jede andere Kreatur der Witterung ausgeliefert. Als sie darauf aufmerksam machte, dass man sie von hier aussehen könnte, nickte er nur stumm und ließ sie die Vorhut bilden, während er sich um den Schubkarren kümmerte, dessen Repulsoren lautlos die leblose Fracht einen halben Meter über den Boden schweben ließen. Als sie ihren Blick zu ihm schweifen ließ, sah er den Schrecken in ihren Augen. Wohlwollend, firm und ermutigend nickte er ihr zu, eine weitere Barriere in ihrem Inneren zu brechen. Den Karren weiterschiebend bewegten sich die beiden Delinquenten, bis auf den knarzenden Schnee, lautlos durch die Häuserschlucht. Die Geräusche ihrer Bewegungen wurden von den Rufen und Lauten der brandenden Proteste in der Ferne übertönt, vereinzelt gellten Schreie auf, Sirenen heulten und der Zorn der Bevölkerung, der aus tausenden Rachen strömte, wurde lauter. Im Schutze des akustischen Deckmantels der Revolution, der Augen die fernab weilten, entsorgten sie die beiden Vagabunden. Zwei tragische Gestalten, die durch eine Verirrung der Macht an sie geraten waren. Sie waren Söhne gewesen, vielleicht sogar Freunde oder Geliebte anderer Personen. Nun waren sie dem Vergessen anheimgefallen. Sie würden, ohne Identitätskarten, in einem Krematorium zu Asche werden und dann von den Winden in den Schnee getrieben werden. Von ihrer Existenz würde nichts mehr übrigbleiben als die Erinnerung, die Caja Tangi und er in sich trugen.
Wortlos manövrierte er die Frau wieder zurück ins Gebäude, denn das Unsagbare entsagte sich dem Zugriff aller Zugänge, die Wörter hätten finden können. Es gab Dinge zwischen dem Äther und dem Kosmos, die sich ein Aal jeglicher profanen Bedeutung entsagten, wenn man sie in Silben zwängte. Nein, das hier war fernab davon, auf einer Ebene, die wortlos existierte. Genauso wortlos zogen sie wie die Nomaden eines fernen Stammes wie ferngesteuert in den Raum, dessen Tür sie beschädigt hatten. Beide sahen sich stumm um, begannen mit den Vorbereitungen und versuchten die Szenerie so aussehen zu lassen, als sei ein Einbruch geschehen, der rein auf materielle Güter aus war und sich aus Entrüstung und Enttäuschung über jegliches Fehlen solcher dem Vandalismus hingab.
Der Akt der Zerstörung hatte beinahe etwas Heilsames, eine Wirkung die jedes Medikament schlug. Es war die Loslösung von Emotionen, das Entfesseln eines Sturms, der im Inneren tobte. Während Rex Karioka seine Schläge mit Präzision ausführte und versuchte den Sturm in Bahnen zu lenken, die einer gewissen Methodik folgten, schien die Studentin hier ein Ventil für ihre unsagbaren Emotionen gefunden zu haben. Als sie fertig waren, hielt der Mann mit dem rabenschwarzen Haar inne, nahm seinen Parka mit dem darin enthaltenen, silbernen Zylinder und zog diesen an.
„Miss Tangi… so verstörend der Tag heute war, wir sollten uns an dieser Stelle trennen, einige Tage verstreichen lassen. Das hier wird ein Nachspiel haben, sicherlich. Er hielt kurz inne, bedachte sie eines Blickes, der deuten war. Ein Blick, der verharrte und schätzte, der maß und bewertete. Er war hier noch nicht fertig. Sein Comlink zückend, hielt er es ihr entgegen. „Ich würde sie jedoch gerne wiedersehen. Melden sie sich unter dieser Frequenz.“
Einige Augenblicke und Worte später entschwand der Akolyth des Jenseits der Szenerie. ER hatte getan, was getan werden musste und hatte die Saat gesäht. In den folgenden Tagen würde sich zeigen, ob die Saat aufsprießen würde, ob die Saat der Zwietracht, der dunklen Seite im Herzen der jungen Frau erblühen würde.
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